
Noch sieht alles nach einer großen Baustelle aus, doch in rund einem Jahr soll in der neuen Müllverbrennungsanlage Stapelfeld der erste Abfall verbrannt werden, so der Plan der EEW Energy from Waste Stapelfeld GmbH. Dies teilte Felix Ranseder, Projektleiter der EEW, diese Woche bei einer Baustellenbesichtigung mit. Bis dahin muss auf der Baustelle aber noch viel passieren, darunter der Bau eines Umspannwerks. Nächster Meilenstein ist die Druckprobe des Kessels Ende November: „Das ist die Geburtsstunde des Kessels“, so der Projektleiter.
Schon abgenommen sind die rund 18,7 Kilometer langen Schweißnähte am Kessel, mit denen die einzelnen Elemente des Kessels an der endgültigen Position von Hand zusammengeschweißt wurden. Dabei lag die Fehlerquote beeindruckend bei unter 0,5 Prozent.
Die Bauzeit hat sich inzwischen um zwei Jahre verlängert, was sowohl auf die Corona-Pandemie als auch auf den Konflikt in der Ukraine zurückzuführen ist. Während in den Zeiten der Corona-Pandemie die Schutzmaßnahmen die Baumaßnahmen verzögerten, fehlten nach Ausbruch des Angriffskrieges in der Ukraine Baustoffe: „Plötzlich war von heute von auf morgen kein Baustahl mehr verfügbar“, erläutert Felix Ranseder. Die EEW fand aber zum Glück Ersatz bei einem deutschen Lieferanten, der die geforderten Materialien liefern konnte. Dennoch wirkt sich die Verzögerung für die EEW massiv aus. Die Kosten für Lohn- und Baurohstoffe sind um 30 bis 40 Prozent gestiegen, auch wegen der längeren Bauzeit.
Wenn im Oktober/November 2024 die Müllverbrennungsanlage ans Netz geht, steht die Fertigstellung der Mono-Klärschlammverbrennungsanlage noch aus. Denn um den Bau nicht weiter zu verzögern und weil die alte Müllverbrennungsanlage abgelöst werden muss, konzentrieren sich die Baufirmen derzeit vor allem auf die Fertigstellung der Müllverbrennungsanlage. Knapp 300 Bauarbeiter sind dafür täglich auf der Baustelle.
Sie bauen eine Hightech-Anlage, die vollkommen autark arbeiten kann. Die Steuerung des Ofens kann mitunter schon mit Hilfe von KI vollautomatisiert erfolgen, wozu die EEW aktuell an einem anderen Standort Versuche unternimmt. Knapp unter dem 63 Meter hohen Schornstein ist ein Loft geplant, welches z. B. für die Präsentation des Standortes genutzt werden soll.
Für das Startfeuer nutzt die EEW nicht wie bei der alten Anlage Gas sondern Öl und hält sich damit die Option offen, künftig mit Wasserstoff die Anlage hochfahren zu können. So kann die Anlage mit Hilfe eines vor Ort vorhandenen Notstromaggregats auch im Falle eines Blackouts angefahren werden und Strom ins Netz einspeisen.
Damit der Strom eingespeist werden kann, muss die Schleswig-Holstein Netz AG unmittelbar neben der neuen Müllverbrennungsanlage aber noch ein Umspannwerk errichten. Damit wurde bisher nicht begonnen, ist aber Grundvoraussetzung, damit die neue Anlage in Betrieb gehen kann. Die Rohre für die Fernwärme werden derweil schon auf dem Gelände verlegt, später werden diese rund drei Meter tief unter der Erde verlaufen. Damit können mehr als 50.000 Haushalte mit Wärme versorgt werden, wozu aktuell in Hamburg zahlreiche neue Leitungen verlegt werden.
Wenn die Müllverbrennungsanlage fertig ist, will die EEW auch die Mono-Klärschlammverbrennungsanlage fertig bauen. Geplant ist die Fertigstellung für Anfang 2027. Ob aus der Asche dann auch schon Phosphor recycelt werden kann, ist derzeit wieder offen. Mit Seraplant hatte die EEW in Haldensleben einen Partner gefunden, der aus der Asche der Klärschlammverbrennung Phosphor recyceln und zu einem pflanzenverträglichen Dünger verarbeiten konnte. „P 38“ hieß das Produkt.

Da für die Herstellung von einer Tonne Dünger aber rund 1.000 Kilowattstunden Gas benötigt wurden, musste das Unternehmen 2022 im Zuge der gestiegenen Energiekosten durch den Ukraine-Konflikt Insolvenz anmelden. Nun ist die EEW auf der Suche nach einem neuen Partner, um das ab 2029 gesetzlich vorgeschriebene Phosphor-Recycling umsetzen zu können. Die Asche würde man notfalls so lange zwischenlagern, so die EEW.
Keine guten Nachrichten gibt es derweil auch für das Hallenbad in Stapelfeld: Auf Grund des hohen Sanierungsbedarfes muss dieses zum Ende des Jahres stillgelegt werden. „Zu Gesprächen sind wir immer bereit“, so ein EEW-Sprecher. Dann muss aber über einen Neubau nachgedacht werden. Das wäre auch für die EEW sinnvoll, erklärt Felix Ranseder abschließend: Denn im bisherigen Hallenbad schwimmen nicht nur auch viele Beschäftigte der EEW, Wasser mit Temperaturen von 29 bis 36 Grad Celsius, wie es für ein Schwimmbad benötigt wird, fällt bei der Anlage als Sekundärenergie praktisch als Abfall an und könnte so einer weiteren Nutzung zugeführt werden.